Freitag, 3. Dezember 2021

8:45 - 9:00 Prof. Dr. Jens Ivo Engels und Prof. Dr. Martina Heßler
Begrüßung und Eröffnung
9:00 - 9:45 Prof. Dr. Petra Gehring
TU Darmstadt, Zentrum verantwortungsbewusste Digitalisierung
„Datensouveränität, digitale Souveränität: Auf welche Probleme reagiert und was leistet der aktuelle Ruf nach Souveränität?“
Abstract Datensouveränität, Digitale Souveränität: recht plötzlich beherrschen diese Stichworte die politischen Debatten über die digitale Transformation. Namentlich die Rechts- und Gesetzgebungspolitik scheint hier gemeint zu sein, wenn etwa die EU den europäischen Weg ins Zeichen der Rückgewinnung von Souveränität stellt oder die Bundesregierung "Datensouveränität und Datensicherheit" sowie "eigene digitale Souveränität" in Aussicht stellt. Zugleich ist freilich der Ruf nach "mehr" Souveränität auch einer der quasi von unten kommt: Wir alle wünschen uns weniger Ohnmacht und weniger Zugzwänge im digitalen Wandel. Schließlich wird Souveränität auch als Produkt bzw. Dienstleistung angeboten: Instrumente wie PIMS (Personal Information Management Systems) werben mit Datensouveränität als besserer Form von Datenschutz. Auch die Bundesregierung spricht von "Nutzersouveränität" und "souveränem" Umgang der einzelnen Bürgerinnen und Bürger mit ihren Daten. Werden wir alle jetzt irgendwie "souverän"?
Der Vortrag sichtet das aktuelle Wimmelbild der Begriffe, erläutert deren Wurzeln und formuliert Thesen zu den aktuellen digitalpolitischen Souveränitäts-Konjunkturen.
9:45 - 10:30 Prof. Dr. Gerrit Hornung
Universität Kassel, emergenCITY, GRK Privatheit und Vertrauen
„Datensouveränität im Spannungsfeld zwischen Datenschutz und Datennutzung: die europäischen Pläne für einen Data Governance Act“
Abstract Begriff und Konzepte der Datensouveränität verfolgen in der interdisziplinären Diskussion oftmals das Ziel, mittels einer Einschränkung der datenschutzrechtlichen Prinzipien der Zweckbindung und der Datenminimierung die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Chancen von Big Data stärker in den Vordergrund zu rücken. Ob dies mit der starken Betonung einer informierten und selbstbestimmten Datenfreigabe gelingt, ist indes eine offene Frage. Als Baustein einer erweiterten Datennutzungsstrategie schlägt der Data Governance Act neue Instrumente (wie zB Datenintermediäre) und Regelungen für den Handel mit und die ökonomische Verwertung von Daten vor. Dies sind vielversprechende Ansätze, die jedoch einer kritischen Begleitung bedürfen, damit nicht auf diesem Weg wichtige Errungenschaften des europäischen Datenschutzrechts ausgehebelt werden.

10:30 - 10:45 Pause

10:45 - 11:30 Dr. Thorsten Thiel
Weizenbaum Institut für die vernetzte Gesellschaft/WZB Berlin
„Digitale Souveränität - Von der Karriere eines einenden und doch problematischen Konzepts“
Abstract Der Vortrag rekonstruiert den Diskurs um digitale Souveränität und dessen Aufstieg zur Konsensformel und fragt danach, wie sich die zunehmende Ineinssetzung von Souveränität, Demokratie und europäischen Werten vollzogen hat – und inwiefern sie überzeugt. Ohne die strukturellen und politisch-ökonomischen Beweggründe für die Forderungen nach mehr Selbstbestimmung im Digitalen zu negieren, werden Verkürzungen in der mit dem Begriff verbundenen Argumentation aufgezeigt. Hierfür wird zunächst wird zunächst die wechselhafte Begriffsgeschichte (digitaler) Souveränität vorgestellt, anschließend detaillierter auf die gegenwärtige Verwendung im deutschen und europäischen Diskurs eingegangen. Auf dieser Grundlage erörtert der Vortrag dann, wieso aus einer normativ-demokratietheoretischen Perspektive die gegenwärtige Verwendungsweise des Konzepts gerade seitens progressiv-emanzipatorischer Kräfte ein Kurzschluss ist, und skizziert, wie die zentralen Werte von Demokratie und Gemeinwohl besser vorgetragen werden könnten.

11:30 - 13:30 Pause

13:30 - 14:15 Dr. Ephraim Zimmer
TU Darmstadt, GRK Privatheit und Vertrauen
„Privatheit in Digitalen Städten - Utopie oder greifbare Realität?“
Abstract Mit einem (Rück-)Blick auf die Digitalisierung anderer Lebensbereiche wird der Frage nachgegangen, ob Privatheit in Digitalen Städten ein erwünschtes und erreichbares Ziel darstellt. Die Utopie zeigt sich in einem Vergleich zwischen der idealen Vorstellung von Privatheit mit der Realität. Eine ausgewogene Diskussion über das technisch Machbare und das Privatsphäre-gerichtete Wünschenswerte sowie technische Innovationen und richtungsweisende Entscheidungen im Hinblick auf die Digitalen Städte eröffnen allerdings auch große Chancen. Wird das Thema "Privatheit" dadurch greifbar oder rückt es weiter in die Ferne?
14:15 - 15:00 Prof. Dr. Monika Dommann
Universität Zürich
„Dezentrale Datensätze, lokalisiertes Recht. Eine Fallstudie zum Crypto Valley in Zug“
Abstract Die Entstehung von informationstechnischen Infrastrukturen für Finanztransaktionen, basiert nicht bloss auf Hardware und Software. Neben den hierfür notwendigen Computerprogrammen (die von nomadischen developers gecodet werden), den White Papers (die Projektpapiere der IT-Branche, die an die Öffentlichkeit gerichtet sind), den Serverfarmen (die inzwischen mehrheitlich in Nordeuropa und China angesiedelt sind) und Bitcoin Vaults (die gerne in ausgedienten Militärbunkern in den Schweizer Bergen gelagert werden) greifen die dezentralen Blockchain-Architekturen noch auf andere, in gewissen Ländern und an spezifischen Orten verankerten Infrastrukturen zurück: auf die rechtlichen Regulative der nationalen Finanzaufsichtsbehörden und die Dienstleistungen von Anwalts- und Treuhandkanzleien.
Der Vortrag untersucht am Beispiel des Crypto Valleys in Zug mittels einer historischen Ethnographie die Entstehung von lokal erarbeiteten nationalen Regulativen. Dabei geht es um die Frage, wie lokale Standortpolitik die dezentralen digitalen Infrastrukturen prägt und wie die gegenwärtige fortschreitende Reterritorialisierung von Daten das Verständnis von staatlicher Souveränität verändert.

15:00 - 15:30 Pause

15:30 - 16:15 Dr. Daniela Zetti und Robin Preiß
Ethical Innovation Hub, Universität zu Lübeck
„Das Lübecker Projekt „DigS-Gov“ – Digitale Souveränität im E-Government“
Abstract Hansestadt und Universität zu Lübeck starteten 2021 ein gemeinsames, BMBF gefördertes Projekt zur Digitalen Souveränität im E-Government. Technisches Ziel ist, auf Webseiten der kommunalen Verwaltung Angebote zur Verfügung zu stellen, die den Bürger:innen die Verwendung ihrer Daten vermitteln. Das Projekt ist an der Universität interdisziplinär aufgestellt, beteiligt sind Forschende aus den Usability Studies, der Wirtschaftsinformatik, sowie der Ethik, Geistes- und Sozialwissenschaft. Ausgangspunkt der Kooperation ist die Leitfrage: Wie kann durch ein kommunales Digitalisierungsprojekt die Souveränität von Bürger:innen gesteigert werden?
In unserem Vortrag möchten wir einen Einblick in die laufende Projektarbeit geben. Der Schwerpunkt liegt dabei auf den Aktivitäten des Ethical Innovation Hub der UzL. Diese reichen von Reflektionen, über Interventionen in Projektabläufe und die Organisation von Partizipation bis hin zu eigenständiger qualitativ-empirischer Forschung mittels Interviews. Wir argumentieren, dass diese breite methodische Palette notwendig ist, um Aushandlungen rund um die Themen Datennutzung und -souveränität zu verstehen und um digitale Datentechnik langfristig erklärbar zu gestalten.
16:15 - 17:00 Abschlusskommentare
Simone Schlosser Digitalstadt Darmstadt
Prof. Dr. Martina Heßler TU Darmstadt, GRK KRITIS
Prof. Dr. Max Mühlhäuser TU Darmstadt, emergenCITY, GRK Privatheit Privatheit und Vertrauen

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